Psychisch erkrankten Menschen droht der Ausschluss von einer Teilhabe am Arbeitsleben!

Fachliche Impulse zur geplanten Werkstättenreform des BMAS

Mit seinen neuesten Plänen zur Reform der WfbM in Deutschland verpasst der Bundesarbeitsminister seinen Fokus auf die Bedarfe von Menschen mit einer psychischen Behinderung zu legen. Da sich die Bedarfslagen dieses Personenkreises grundlegend von denen anderer Zielgruppen unterscheiden, droht beim Recht auf Teilhabe zum Arbeitsleben gemäß Bundesteilhabegesetz (SGB IX) den psychisch erkrankten Menschen statt der vom Gesetz angestrebten Inklusion und damit Verbesserung ihrer Situation die Exklusion.

Personenkreis der psychisch erkrankten findet keine Erwähnung

Das im BTHG starke Postulat der Wirksamkeit von bedarfsgerechten und personenzentrierten Hilfen findet bei den Reformplänen des BMAS im Kontext von Menschen mit psychischer Behinderung keinerlei Berücksichtigung. Diese Personengruppe, die rund ein Viertel der heutigen Werkstattteilnehmer ausmacht, findet keinerlei Erwähnung.

So plant der Gesetzgeber aktuell die Sezierung der fachlich-konzeptionell zusammengehörenden und je nach personenzentriertem Bedarf aufeinander aufbauenden Module Eingangsverfahren, Berufsbildungsbereich und Arbeitsbereich, obwohl bereits heute, entsprechend dem im BTHG enthaltenen Wunsch- und Wahlrecht der Betroffenen, ein jederzeitiger Wechsel zum allgemeinen Arbeitsmarkt oder in externe Weiter- und Ausbildungsangebote möglich ist. Ferner droht darüber hinaus, dass einzelne Bausteine im Rahmen von Ausschreibungen zeitlich befristet an Anbieter am Markt vergeben, also aus der Gesamtkonzeption herausgerissen werden. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit sind derartige Ausschreibungen hinsichtlich der damit verlorengegangenen Qualität und vor allem Wirksamkeit (BTHG) deutlich und kritisch zu hinterfragen.

In jedem Falle würde aber für den Personenkreis der psychisch beeinträchtigten Menschen eine elementare Zugangsbarriere zur Teilhabe am Arbeitsleben durch die Umsetzung dieser Pläne aufgebaut werden, da diese in der Regel im Zeitpunkt ihrer persönlichen Teilhabeentscheidung noch massive Unsicherheiten bezüglich ihrer Resilienz (psychische Widerstandskraft) besitzen. Diese Unsicherheiten zu beseitigen, ist geradezu der Schlüssel zu allen weiteren Rehabilitationsanstrengungen und -erfolgen. Daher ist es insbesondere in dieser Phase, die möglichst niedrigschwellig konzeptioniert sein muss, von entscheidender Bedeutung, dass sich die Betroffenen auf ein fachlich versiertes System mit der Aussicht auf dauerhafte und beständige Beziehungs- und Begleitungskontinuität verlassen können. Das Gegenteil werden sie mit der anvisierten Ausschreibungsmethodik erfahren.

Langjährige Erfahrungen nutzen

Mit Depressionen und Angststörungen handelt es sich um psychiatrische Grunderkrankungen, die einerseits sehr nachhaltig sind und eine fachlich versierte sowie interdisziplinäre Begleitung benötigen. Andererseits, wenn die adäquate Begleitung sichergestellt ist, sind sie aber auch mit guten Erfolgsaussichten hinsichtlich einer medizinischen und psychosozialen Rehabilitation der Betroffenen und damit Inklusion verbunden. Aus den langjährigen Erfahrungen der auf den Personenkreis psychisch erkrankter und behinderter Menschen spezialisierten Werkstätten lassen sich nachfolgende Kernaussagen ableiten, die zwingend bei einer Reform der Werkstätten zu berücksichtigen sind, wenn der Bund und die Länder den Grundtenor des BTHG zur Teilhabe am Arbeitsleben auch für psychisch erkrankte Menschen erfüllen wollen:

1. Psychisch erkrankte Menschen wollen überwiegend ihre Teilhabe in der Gesellschaft und damit auch Teilhabe am Arbeitsleben bis hin zum allgemeinen Arbeitsmarkt.

2. Psychisch erkrankte Menschen sind in der Regel in ihrem Leben vor der Erkrankung zumeist am Bildungssystem beteiligt gewesen und haben in vielen Fällen berufliche Erfahrung und Qualifikation.

3. Die meisten psychischen Erkrankungen werden im Laufe des Lebens erworben und unterscheiden sich grundlegend von den hieraus resultierenden Bedarfen bei geistiger Behinderung, die häufig mit kognitiven Einschränkungen verbunden ist.

4. Psychische Erkrankungen offenbaren Einschränkungen im Bereich der mentalen Resilienz (psychische Widerstandskraft) und beeinträchtigen massiv das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl der Betroffenen.

5. Die Erfahrung, die Betroffene mit einer psychischen Erkrankung und ihren Folgen gemacht haben, sind in der Regel so gravierend, dass sie signifikante Ängste haben, wieder in eine akute Krankheitsphase zu geraten, was großes Vertrauen ins Hilfesystem erfordert.

6. Psychisch erkrankte Menschen benötigen daher einen niederschwelligen Zugang zur Teilhabe am Arbeitsleben und eine Begleitungskontinuität, die ihnen hilft, das Vertrauen in ihre Resilienz wiederzuerlangen, um schrittweise die für sie größtmögliche Teilhabe zu erreichen.

7. Die Wegstrecke kann dabei personenzentriert unterschiedlich lang und erfolgsreich sein – von einer Teilhabe im geschützten Bereich, bis hin zur Teilhabe im Rahmen üblicher sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse.

Rehabilitationskonzept statt neues Werkstattkonzept

Aus der bedarfsorientierten Sicht psychisch erkrankter Menschen bedarf es also, wenn man an die Reform von Werkstätten denkt, weniger der Zerschlagung jahrelang erprobter und wirksamer Konzepte von auf diesen immer größer werdenden Personenkreis spezialisierten Werkstätten, sondern vielmehr der Anerkennung und Umsetzung wichtiger Grundaspekte:

1. Der Personenkreis psychisch erkrankter Menschen benötigt Unterstützung durch ein auf seine Bedarfe abgestimmtes interdisziplinäres Fachkonzept zur psychosozialen Arbeits-Rehabilitation. Hierbei ist elementar, nicht nur den Bedarf an Selbsterfahrung, Anleitung und Training, sondern auch fundierte sozialpsychiatrische Begleitung eng verzahnt anzubieten.

2. Elementare Eckpfeiler in einem solchen Konzept sind ein niedrigschwelliger, möglichst lokaler und barrierefreier (durch Vermeidung überbordender Formalismen) Zugang, ein Raumkonzept mit variierbarer reizarmer Umgebung (kleine bis mittlere Gruppenstärken) sowie flexible personenzentrierte Anpassungsmöglichkeiten bei der Umsetzung des Fachkonzeptes (Anleitungs- und Trainingsprozesse, sozialpsychiatrische Begleitung, jederzeitige Durchlässigkeit in andere berufliche Qualifizierungs- und Rehabilitationsmaßnahmen sowie Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt).

3. Vorhalten von Aufträgen und Prozessabläufen aus dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rehageschehen („reale“ Aufträge als Medium zur Selbsterfahrung, eigenen Resilienzbewertung und Selbstwertsteigerung), um stufenweise Sicherheit für die nächsten Schritte und Übergänge zu generieren.

4. Begleitungskontinuität im Rehabilitationsprozess, um der Fragilität im Aufbau der Resilienz adäquat begegnen zu können.

5. Förderlich für die Erfüllung der Bedarfe des Personenkreises psychisch erkrankter Menschen wäre im Übrigen tatsächlich eher in „Rehabilitationskonzepten“ als in „Werkstattkonzepten“ zu denken. Hinsichtlich der vom BTHG geforderten Wirksamkeit der vorstehenden bedarfsorientierten Aspekte bei der Arbeits-Rehabilitation für den Zielpersonenkreis psychisch erkrankter Menschen liegen sehr positive Erfahrungswerte vor. Es gibt regional ergänzend zum heutigen Werkstattmodell niederschwellige Angebote zur Teilhabe am Arbeitsleben für psychisch erkrankte Menschen, die bisher leider keinen Eingang in die WfbM-Konzeption gefunden haben. Nun sind sie durch Kostenträgerwechsel im Rahmen der Umsetzung des BTHG (Eingliederungshilfe) und von der geplanten „Werkstattreform“ des BMAS in ihrer Fortexistenz bedroht.

Fazit

1. Statt Zerschlagung guter Angebotsstrukturen zur beruflichen Rehabilitation psychisch erkrankter Menschen ist eine Optimierung und Ergänzung durch einen niedrigschwelligen Zugang sowie adäquate räumliche und vernetzte personelle Strukturen im Rahmen eines auf die Bedarfslagen des Zielpersonenkreises ausgerichteten Fachkonzeptes und seiner Umsetzung zu fordern!

2. Eine jederzeitige Durchlässigkeit innerhalb der Module des Fachkonzeptes, aber ebenso nach außen, muss für die Betroffenen entsprechend ihrem Wunsch- und Wahlrecht garantiert sein!

3. Neben der Bedeutung der Teilhabe am Arbeitsleben für die Lebens- und Gesundheitsqualität der Betroffenen sollten die fiskalischen Konsequenzen einer Exklusion von rund einem Viertel der WfbM-Teilnehmer bei allen weiteren Planungen Berücksichtigung finden.

Es droht der Rückfall in die Zeiten vor der Bundestags-Enquete (Deutscher Bundestag, Drucksache 7/4200 aus dem Jahre 1975) zur Situation psychisch erkrankter und behinderter Menschen in Deutschland mit nachfolgenden Entwicklungen:

1. Beschleunigung des „Drehtür-Effektes“ in den ohnehin heute schon überlasteten Psychiatrie-Kliniken mit immenser Steigerung der Gesundheitskosten.

2. Fehlplatzierungen in der Gefährdetenhilfe mit erheblichen Kostenzuwächsen für die örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträger, Überforderung des dortigen Personals wegen fehlender Psychiatrie-Kompetenz und ohne Perspektivenschaffung für die Betroffenen.

3. Beschleunigung der Zunahme von Obdachlosigkeit und suizidalem Geschehen.

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